Same old, same old

Wirklich ein Zollkrieg?

Trump inszeniert sich mit seinen teils erratisch wirkenden Ansagen als die große Unbekannte am Verhandlungstisch. Er spielt mit den Köpfen seiner Gegner – und damit auch mit den Köpfen der Anleger. Auch der amerikanischen. Sein Ziel: Den besten Deal zu bekommen. Das ist weder neu noch trumpexklusiv.

Die neuen Zölle gegen US-Automobilimporte (+25% auf PKWs, Autoteile und Pickups) wurden Anfang Februar angekündigt – stilecht via „X“, natürlich. Man hatte gehofft, dass, wie zuletzt bei Mexiko und Kanada auch, die Zölle im letzten Moment ausgesetzt werden und die Verhandlungen starten. Nun, die Zölle kommen fix – die Enttäuschung darüber (bzw. die naive Überraschung darob) hat die Börsen seit letztem Donnerstag belastet.

Reziproke Zölle – Gegenzölle – folgen ab 2. April (mit Wirkung 15.4.). Damit werden Zölle auf Warengruppen in gleicher Höhe eingehoben, die das jeweils andere Land auf die eigenen Exporte einhebt. Was zunächst fair klingt, ist es aber nicht. Denn jedes Land verfolgt (schon jetzt) mit einem recht komplexen Zollkatalog seine eigenen Wirtschaftsinteressen. Dazu gehören auch umfassende Freihandelsvereinbarungen – Zollfreiheit.

Dass das regelbasiert funktioniert, dafür sorgt die WTO. Mit Zöllen sollen auch staatliche Subventionen, also unfaire Handelsvorteile, ausgeglichen werden, wie beispielsweise die EU-Zölle auf Autoimporte aus China. Genau diese Zölle stehen nun ebenfalls zur Diskussion: China suchte vergangene Woche den Schulterschluss zur europäischen Automobilindustrie, als Xi mit zahlreichen Branchen-CEOs Europas in China über die jeweiligen Marktzugänge sprach. Doch auch Trump lädt die Staaten ein, die Zölle wegzuverhandeln – gegen umfassende Zugeständnisse natürlich 😉

Zölle sind ein Standardtool der globalen Wirtschaftspolitik. Sie steuern, sie gleichen aus, sie fördern. Fühlt sich ein Staat übervorteilt, fungiert die WTO als Schlichtungsstelle. Trumps Zölle sind also nicht wirklich neu. Neu ist nur der Ton.

Das stinkt Trump: Die Exporte in Relation zum BIP sind in den USA geringer als in Europa oder China.

Was die neue Woche bringt

Die Fortsetzung der aggressiven US-Zollpolitik bestimmt das Geschehen an den Börsen. Die Makrodaten treten in den Hintergrund: Die Wirkung der diversen Zölle auf die einzelnen Volkswirtschaften wird erst in den nächsten Monaten – aussagekräftig mit den Halbjahresdaten im Sommer – ersichtlich. Bis dahin dominiert das Sentiment.

Asien

Die Einzelhandelsumsätze Japans steigen um 1,4% YoY bzw. um 0,5% MoM, die Industrieproduktion steigt um 0,3% YoY bzw. um 2,5% MoM. Die Arbeitslosigkeit bleibt stabil bei 2,5%. Die japanischen Tankan-Umfragen zum Herstellungsindex (12,0 Zähler) und die Großindustrie Produktionsprognose (9,0 Zähler) bleiben positiv. Chinas PMI steigt geringfügig an: Produktionssektor 51,1 Zähler, nicht-verarbeitendes Gewerbe 50,8, Dienstleistungssektor 51,4. Zur Ankurbelung der Kreditvergabe an die chinesische Wirtschaft planen vier große Staatsbanken Kapitalerhöhungen im Gesamtvolumen von umgerechnet bis zu 66 MrdEUR. Damit soll der Deflationsdruck bekämpft und die Auswirkungen von US-Zöllen abgemildert werden. Chinesische Exporte unterliegen US-Zöllen von mittlerweile 20%.  Die Antwort folgt am Montag geschlossen von China, Japan und Südkorea: Der Halbleitermarkt wird stärker unter diesen drei Nationen aufgeteilt, die USA dabei außen vorgelassen.

Europa

Die Aktivierung der Zölle betrifft ca. 28 MrdEUR Warenwert – die Gegenzölle der EU umfassen 26 MrdEUR. Man reagiert angemessen. Erwartbar sind Produktionsverschiebungen in die US-Werke der Autobauer. Die Einzelhandelsumsätze (in 02.2025) sind in Deutschland um 4,9% YoY gestiegen (zuletzt +2,9%). Der HVPI in Deutschland sinkt auf 2,3%, der PMI gesamt steigt auf 50,9 Zähler, ebenso der PMI für den Dienstleistungssektor (auf 50,2). Die Werksaufträge nehmen um +4,3% MoM zu. Die EU-Kerninflation sinkt von 2,6% auf 2,5%, die Erzeugerpreise liegen nur knapp 1,5% über Vorjahr, die Arbeitslosenrate in der EU bleibt stabil bei 6,2%. Wichtig werden die Reden der EZB-Mitglieder: Sie könnten die Überlegungen bezüglich einer Zinspause konkretisieren.

USA

Die ISM Umfrageergebnisse zeigen ein grundsätzlich positives Stimmungsbild bei den US-Unternehmen hinsichtlich der Entwicklung der Geschäftsbedingungen. Der PMI gesamt bleibt stabil bei 53,5 Zählern, die Auftragslage entwickelt sich ebenfalls positiv in allen Sektoren. Angesichts der neuen Zölle werden auch in den USA Rezessionsängste wach – die Arbeitsmarktdaten sind daher in nächster Zeit von besonderer Relevanz. Die von 4,1% auf 4,2% steigende Arbeitslosenrate muss im Kontext stabiler Arbeitsplatzangebote (JOLTS), nahezu unveränderter Anzahl von Erstanträgen für Arbeitslosenunterstützung (225.000) und Beschäftigungsindex (53,9 Zähler) gesehen werden (= kein Negativsignal bzw. kein Rezessionssignal). Gute Nachrichten liefert der Chicago Einkaufsmanagerindex, der von 45,5 auf 47,6 Zähler steigt.

Fazit

Die Unsicherheit, wie Trumps Zollankündigungen tatsächlich wirken, schlägt sich an den Börsen nieder. Es ist daher mit kurzfristigen starken Ausschlägen in beide Richtungen (Angst vs. Hoffnung) zu rechnen.

Abkürzungen im Text in alphabetischer Reihenfolge:
– BIP … Bruttoinlandsprodukt
– bps … Basispunkte (100 Basispunkte = 1 Prozentpunkt; eine Notenbank senkt um 25 bps = von 2,75% auf 2,50%)
– CEOs … Vorstandsvorsitzende
– EU … Europäische Union
– EUR … Euro
– EZB … Europäische Zentralbank (Notenbank)
– Fed … US-Notenbank
– HVPI … Harmonisierter Verbraucherpreisindex (statistische Angleichung der nationalen VPI-Auswertungen in der EU)
ISM … Institute for Supply Management
– JOLTS … Job Openings and Labour Turnover Survey (US-Arbeitsmarktstatistik)
– M bzw. Y … Monat (month) & Jahr (year)
– Mrd … Milliarde(n)
– MoM … month on month (Veränderung gegenüber Vormonatswert)
PMI … Purchasing Managers Index
– Q1-4 … Quartal 1 bis 4
– QoQ … quarter on quarter (Veränderung gegenüber Vorquartal)
– US(A) … United States (of America)
– USD … US-Dollar
– VPI … Verbraucherpreisindex
WTO … World Trade Organization (Welthandelsorganisation)
– YoY … year on year (gegenüber Vorjahreswert)
– z.B. … zum Beispiel

Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin und im Börse Express erschienen.

Quellen: WTO Datamapper; weiterführende Infos: Komplettreport der WTO Zollübersicht; WTO alle Statistiken

Hinweis: Die vorliegende Marketingunterlage stellt keine Anlageberatung, Anlageanalyse oder Anlageempfehlung dar. Insbesondere ist sie kein Angebot, bzw. keine Aufforderung zum Stellen eines solchen, und keine Empfehlung/Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder einer anderen Handlung (z.B. Halten) von Finanzprodukten. Die steuerliche Behandlung hängt von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden ab und kann künftigen Änderungen unterworfen sein.

Nach oben scrollen