Ist „uneindeutig“ ein Wort?

Market Views, 14 Apr 2023

Egal. Die Daten sind es jedenfalls.

Während der vergangenen Wochen war das Thema Rezession vor allem in den USA ein mächtiger Volatreiber. Besonders im Zusammenhang mit den Turbulenzen im Bankensektor. Schnell wurden Systemängste wach, die nur mühsam wieder gedämpft werden konnten. Daten schaffen Fakten. Doch die Daten sind – nun ja, uneindeutig. Es haben also beide, diametral zueinander stehenden, Meinungslager Recht.

Zahlreiche Makrodaten sprechen eindeutig für ein Vorbeischrammen an einer Rezession (das „soft landing“). Dazu zählen der weiterhin stabile Arbeitsmarkt auf Hochkonjunktur-Niveau, die Lohnpreisentwicklung (in den USA kaum inflationstreibend, in Europa hingegen schon), der Industrieoutput und die generelle Auftragslage. Für eine milde Rezession hingegen sprechen eindeutig die Entwicklung im Einzelhandel und die Inflationsentwicklung im Dienstleistungssektor. Dort wird besonders schnell gespart, wenn am Ende des Geldes noch viel Monat übrig ist. Und die vormals überstarke Bewertung des USD gegenüber dem EUR ist nun einer weitaus realistischeren Bewertung (nach unten) gewichen.

An die Rezession in den USA glauben die Volkswirte des IWF jedenfalls nicht mehr. Die Marktteilnehmer schon. Aber die glauben auch, dass die Rezession bereits in den aktuellen Kursen eingepreist ist. Dieses Glaubensspannungsfeld wird uns noch viel Volatilität bringen – oftmals ohne nennenswerte Datenimpulse. Denn die Daten sind, was sie sind: vorläufig uneindeutig.

BIP-Wachstum per Ende 2023
Inflation per Ende 2024

Asien

Die chinesische Außenhandelsbilanz hat die immer stärker werdende Abhängigkeit Russlands von China (spiegelt sich in den Importdaten wider) gezeigt. Die Inflationsentwicklung in China (Inflation ist im März leicht gesunken) sollte weiter beobachtet werden (länger anhaltend könnte daraus ein Deflationsszenario entstehen). Japan konnte mit einer starken Leistungsbilanz und positivem Ausblick punkten. Die Inaugurationsrede des designierten japanischen Notenbankchefs Ueda lieferte, wie erwartet, keine Marktimpulse.

Europa

Die Einzelhandelsumsätze in der EU sind im März im erwarteten Ausmaß um -0,8% gefallen. Am Donnerstag lieferten die Handelsbilanz von GB und die Bestätigung der Inflationsschätzung für Deutschland positive Impulse, die beide Börsen auf Erholungskurs schickten. Verstärkt wurde die gute Stimmung durch die gestiegene Industrieproduktion und die sehr erfreuliche deutsche Leistungsbilanz. Diese gute Stimmung konnte nicht einmal vom deutschen Chef-Notenbanker Nagel gedämpft werden, der prompt einen weiteren 0,5%-Zinsschritt von der EZB forderte. Nun, wollen kann man ja dürfen.

USA

Die Erwartung an die weitere Zinspolitik der Fed zeigt sich in der Zinskurve: Die Fed wird laut Marktmeinung die Zinsen weiter anheben, wenngleich nun in vorsichtigeren Schritten, um das ohnehin gestresste Finanzsystem nicht weiter zu belasten. Sehr positiv aufgenommen wurde der Rückgang der Inflation von 6 auf 5%. Enttäuscht haben die Einzelhandelsdaten am Freitag ebenso wie die weiterhin ausbaufähige Kapazitätsauslastung (gestiegen von 78,0 auf nun 79,8%). Der angespannte Arbeitsmarkt macht eine weitere Steigerung ohne hohe Investitionen in die Automatisierung schwierig und wirkt wachstumshemmend.

Was die neue Woche bringt

Die Prognosen des IWF wurden nach oben aktualisiert. Auch die Zinserwartungen wurden angepasst – weniger aufgrund von Notenbanksignalen als vielmehr aufgrund der Erwartung, dass nach den Bankenproblemen die Fed Tempo rausnehmen muss, um eine US-Rezession zu vermeiden. Die Reden der Notenbanker in der kommenden Woche werden also wichtigen Kontext liefern und eine weitere Einschätzung erleichtern.

Die BIP-Prognosen für China sorgen gleich zum Wochenauftakt für ein starkes Signal aus Fernost. Dem stehen vergleichsweise schwache Einzelhandelsumsätze gegenüber – diese sollten die Stimmung aber nicht weiter trüben. Japan folgt am Mittwoch mit seinen Industriekennzahlen (stabile Produktionssteigerung im März, wieder leicht steigende Kapazitätsauslastung). Die gesunkenen Importe Japans und die fallende Inflation sorgen für einen freundlichen Wochenausklang.

In Europa gehört den Notenbankern am Montag das Wort, die im Nachklang des IWF-Treffens die EZB-Politik der nächsten Monate skizzieren werden. Dazu passen weiter steigende Konjunkturerwartungen in ganz Europa, die ein positives Stimmungsbild stützen sollten. Die März-Inflationsdaten für GB und die EU werden am Mittwoch bestätigt. Positiv sollte der um -3,2% gesunkene deutsche Erzeugerpreisindex wirken. Der Freitag liefert mit dem Einkaufsmanagerindex auch gleich einen Sneak Peak auf die Geschäftsaussichten (werden am 24.4. für D veröffentlicht). Eine leichte Abkühlung wird von den Wirtschaftstreibenden erwartet.

Die ganze Woche über werden vor allem Daten aus dem US-Immobiliensektor veröffentlicht – dieser sollte sich stabil zeigen. Nennenswerte Impulse sind erst am Freitag mit den Einkaufsmanagerindizes zu erwarten. Hier werden wir wohl ein etwas kühleres Bild sehen, sodass wir am Freitag mit rötlich neutralen US-Börsen rechnen sollten.

Die asiatischen Makrodaten zeichnen in dieser Woche ein Bild der Stärke. Viele Pfeile zeigen in die richtige Richtung. Doch in den USA und in Europa kühlt die Wirtschaft weiter langsam ab, sodass die für Asien wichtigen Absatzmärkte noch für einige Monate schwächeln werden. Nach einem guten Start steigt während der Handelswoche das Schwankungsrisiko wieder an.

Dieser Artikel ist auch im Geld Magazin erschienen.

Autor: Alexander Putz

Quelle: IWF

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